Dienstag, 10. Februar 2015

Resonance


Die talentierten Entwickler von Wadjet Eye Games, die sich voll auf Point & Click Adventures spezialisiert haben, können inzwischen eine Reihe von relativ bekannten Spielen vorweisen. Die Blackwell Reihe, Gemini Rue oder Primordia sind zumindest bei Genrefans recht beliebt und gelten als solide Machwerke. Als Markenzeichen gilt dabei die "Retro"-Grafik, also ein recht pixeliger Stil, der mir persönlich bei Adventures wirklich total gefällt. War schon mal eine gute Voraussetzung. ;0 Resonance, das 2012 veröffentlich wurde, ist unter all den Titeln jedenfalls ein eher unbekannter Vertreter und ich wusste eigentlich überhaupt nicht was mich erwartet. Jetzt kann ich immerhin sagen: Wenn die restlichen Spiele von Wadjet Eye Games eine ähnliche Qualität vorweisen, freue ich mich sehr darauf, die dann auch irgendwann in Angriff zu nehmen.
Nach dem Intro von Resonance, bei dem es um weltweite Attacken auf bekannte Gebäude (zum Beispiel das Weiße Haus) ging, startete ich am Morgen dieses bestimmten Tages mit dem Protagonisten Ed in seinem Appartement. Hier wurde nur kurz umrissen, dass sein Arbeitgeber Dr. Morales eine gefährliche Sache namens Resonance erforscht hatte, die er nun zerstören wollte. Ed sollte daraufhin zum Labor fahren, um Morales davon abzuhalten und dann war das Intro auch schon vorbei und ich wurde plötzlich vor eine Wahl gestellt: Auf dem Bildschirm erschienen vier unterschiedliche Uhrzeiten (von 6:00 bis 7:30 Uhr), die man in willkürlicher Reihenfolge anwählen konnte. Hier wurde mir nun klar, dass es offenbar ganze vier Protagonisten gab, die dem Spieler so durch kleine, spielbare Abschnitte näher gebracht werden sollten.
Neben Ed gab es noch Anna, die in einem Krankenhaus arbeitete und offenbar von Alpträumen geplagt wurde. Bei ihrem Abschnitt wurde auch gleich einmal klar, dass das Spiel kein Kindergeburtstag ist - ich bin hier drei Mal gestorben.^^ Es ging darum, dass eine weitaus jüngere Anna vor einem Monster, das in ihr Zimmer eindringen wollte, fliehen musste. Hier gab es tatsächlichen Zeitdruck, aber dafür auch bestimmte Mittel, um das Ungeheuer etwas auszubremsen. Außerdem startet man bei einem Game Over gleich wieder bei Beginn der Szene, ohne überhaupt nochmal laden zu müssen. Es war dann insgesamt also gar nicht nervig, sondern wirklich eher gruselig und spannend. :)
Der dritte Charakter, den ich kennenlernte, war der Polizist Bennet. Mit diesem musste ich einen verdächtig aussehenden Mann bespitzeln, was auf mich von den vier Einleitungen in dem Moment den geringsten Eindruck machte.
Als letztes begleitete ich den Reporter Roy, der sich in den Computer einer Firma hacken wollte, um einem Tipp für eine Story nachzugehen. Das hat richtig viel Spaß gemacht, weshalb ich Roy dann gleich mal total mochte. :D Außerdem gab es in dem gehackten PC zum Beispiel auch E-Mails zu lesen, die absolut nichts mit der Geschichte zu tun hatten, aber offenlegten, dass die Sekretärin wohl den Chef in einem Single-Chatroom unwissentlich angemacht hatte. Solche Details liebe ich!

Im Endeffekt lief dann natürlich alles darauf hinaus, dass die vier Protagonisten aus unterschiedlichen Gründen dasselbe Ziel hatten: Das geheime Versteck von Dr. Morales musste gefunden werden, um seine gefährliche Entdeckung entweder zu zerstören oder für Gutes einzusetzen. Ed war als Assistent des Wissenschaftlers natürlich dabei, um "Resonance" nicht verkommen zu lassen, außerdem schien er romantisches Interesse an Anna zu haben, die er aus der U-Bahn kannte. Sie selbst war die Nichte von Dr. Morales und der hatte ihr im Falle seines Todes aufgetragen, sein Vermächtnis zu finden. Äh ja, er war ermordet worden, und zwar gleich nach dem Prolog mit den vier Protagonisten, was bei mir sofort Interesse an der Story weckte. Das fand ich alles ziemlich gut gemacht. :A
Wie auch immer, Bennet war eigentlich nur dabei, weil er den toten Doktor mit Ed gefunden hatte und in dem Fall wohl auch ermitteln wollte. Und Roy wurde eigentlich recht zufällig noch mit reingeworfen, weil seine Kontakte für uns von Vorteil waren und er ohnehin kein Geheimnis unentdeckt lassen konnte. Die Tatsache, dass gerade die Motive von den beiden zuletzt erwähnten Männern relativ schwach sind, war vom Spiel wahrscheinlich Absicht - gegenüber dem Reporter und dem Polizisten herrschte regelmäßig Misstrauen, was der Gruppenkonstellation mehr Würze verlieh.
Solche Spannungen waren neben der romantischen Stimmung zwischen Ed und Anna auch nötig, um die Motivation zu halten, denn gameplaymäßig gestaltete sich der Part mit allen vier Charakteren als recht anstrengend. Viele Rätsel mussten von einer bestimmten Person gelöst werden, was zwar meist logisch, aber auch umständlich war. Gerade wenn jemand ein bestimmtes Item nicht weitergeben wollte, musste ich regelmäßig nochmal irgendwohin zurück, um die Gruppenkonstellation umzustellen und die richtigen Leute das richtige tun zu lassen. Etwas unpraktisch war dabei auch, dass die Charaktere alle nur gehen, aber nicht laufen können. Einen schnellen Bildschirmwechsel gibt es auch nicht.
Ansonsten gefielen mir die Rätsel aber sehr gut, weil es eine abwechslungsreiche Mischung war. Es gab kleine Logikpuzzles, hektische Fluchtsequenzen und das übliche "mit einem Bleistift über einen Notizblock malen, um die vorige Nachricht sichtbar zu machen". :D Außerdem läuft die allgemeine Interaktion nicht nur über Items ab, sondern auch über Erinnerungen. Es gibt "Long Term Memories" - bestimmte Schlüsselszenen, an die sich ein Charakter automatisch erinnert und die irgendwann noch essentiell sein würden. Zum Beispiel hatte Bennet die Sache mit der Bespitzelung aus seinem Intro gespeichert und konnte so ein paar Spielstunden später den Kerl auf einer Überwachungskamera identifizieren.
Als "Short Term Memory" kann man jedes Objekt speichern, mit dem man interagieren kann. Das war manchmal richtig knifflig, weil teilweise völlig irrelevant wirkende Dinge benutzt werden mussten, oder relevant wirkende Dinge unbenutzt in meiner STM vergammelten. ;0

Insgesamt kann ich auf jeden Fall sagen, dass ich die Ideen des Gameplays super fand, die Ausführung aber nicht immer besonders gelungen war. Dafür riss die Story aber eigentlich alles für mich raus - ab einem bestimmten Punkt war ich so gepackt, dass ich nicht mehr aufhören konnte bis ich mit dem Spiel durch war (major spoiler incoming).
Wenn man schließlich das Geheimversteck von Dr. Morals findet, denkt man eigentlich man hätte das Spiel nun halbwegs durchschaut - zumindest mir ging es so. Ich dachte auch, dass ich schon ziemlich am Ende war, schließlich war kurz zuvor der "große Plottwist" aufgedeckt worden: Dr. Morales war gar nicht Annas Onkel, sondern Vater gewesen! Und deshalb hatte er auch ihr diese verkackte Aufgabe zugeschanzt! Ich war also storymäßig durchaus zufrieden und hatte zu dem Zeitpunkt für die letzten Minuten folgende Geschichte vor meinem Auge:
Die Gruppe würde das Versteck finden, einen von ihnen - entweder Bennet oder Roy - als Verräter enttarnen und Anna würde zu Resonance gelangen. Sie musste entscheiden, ob es zerstört oder für Gutes verwendet werden sollte, dann würden die Fieslinge, die uns verfolgten und auch Dr. Morales getötet hatten, noch erwischen und offenbaren, dass wir den falschen Verräter entlarvt hatten. Es sollte also darauf hinauslaufen, dass eben schon Bennet oder Roy die Gruppe belogen hatten, aber eben jeweils nicht der, der den meisten Verdacht auf sich gezogen hatte. Und dann mussten wir noch irgendwie vor den Fieslingen entkommen. Okay, so weit meine Einschätzung.
Im richtigen Spiel kamen die vier beim Versteck an und Bennet wurde als Verräter enttarnt. Ich dachte nur: "Neeeeiiiin, nicht Roy! D:". Währenddessen war Anna bei einer Maschine angekommen, die Dr. Morals für sie vorbereitet hatte. Es gab nur zwei Knöpfe zu Auswahl - sie konnte die Forschungen zu Resonance entweder zerstören, oder nehmen, um damit etwas Gutes zu erreichen. Na so eine Überraschung.
Ich hatte totale Schwierigkeiten, mich zu entscheiden, aber schließlich wollte ich Resonance erhalten. Und dann wurde plötzlich die Zeit zurückgespult, um zu zeigen, was die anderen Charaktere gemacht hatten, während Anna die Qual der Wahl gehabt hatte.

Roy, der Bennet bewacht hatte, wollte Informationen aus diesem herausbekommen - warum hast du das gemacht, für wen arbeitest du usw... Der Inspektor bestand aber weiter darauf, nicht zu wissen, wie es überhaupt so weit gekommen war und Roy wurde langsam nachdenklicher. Und ganz, ganz schleppend setzten sich auch meine grauen Zellen in Gang. Wenn jemand absichtlich den Verdacht auf Bennet hätte lenken wollen, konnte es nur eine Person gewesen sein. Eine, die Dr. Morales gekannt hatte. Eine, die Interesse an den Forschungen hatte. Eine, die Anna in der U-Bahn kennengelernt hatte, obwohl die Strecke Morgens ein extremer Umweg war. Meine Fresse!!! All das hätte mir wesentlich früher auffallen können! Eine Stadtkarte bekommt man total am Anfang, man sieht eigentlich auf den ersten Blick, dass Eds Appartement total nahe am Labor liegt und Anna in eine ganz andere Richtung zu ihrem Arbeitsort fahren muss. Mit ein bisschen Aufmerksamkeit hätte man sich gleich fragen können, warum der Typ jeden Tag eine U-Bahn nimmt, die total unpraktisch für ihn ist. Außerdem wurde, wo ich nachher drüber nachdachte, echt jeder Hinweis auf einen Verräter in der Gruppe von Ed gefunden. Ed hatte alles von Anfang an geplant! Alles! Von Anfang an! Ed! Der erste Protagonist!! Mein Gott, genau diese Tatsache hat mich einfach blind werden lassen - der Hauptcharakter kann doch nicht der Verräter sein. Pff.
Natürlich kann er. Und wenn er das kann, kann er auch den zweiten Hauptcharakter einfach umbringen, oder? Ja.
Ed erschoss also Anna mit der Pistole, die er Bennet vorher abgenommen hatte, weil er Angst hatte sie würde die Forschungen zerstören (aber ich hatte doch anders entschieden ;___;) und Roy musste mit Bennet erst mal fliehen. D: Ich war vollkommen zerstört. xD
Die Gang war dann also Geschichte und es war nun an dem Polizisten und dem Reporter, Ed aufzuhalten und eine riesige Verschwörung aufzudecken - an dem Punkt wo ich dachte, dass das Spiel schon vorbei wäre. xD

Es kam dann auf, dass eine Organisation/Firma namens Eleven Foundation Resonance benutzte, um überall auf der Welt Explosionen zu erzeugen (das Intro!). Dies sollte aber nur dazu dienen, um Antevorta einzuführen - eine riesige DNA-Datenbank, die dann im Endeffekt jeden Schritt der Menschen immer und überall überwachen konnte. Wenn der Terror herrschte, würden sich die großen Anführer der Nationen leicht breit schlagen lassen, so ein Überwachungssystem installieren zu lassen. Ed war erst von der Foundation benutzt worden - bis zu dem Zeitpunkt an dem er Anna erschossen hatte - , aber als er erkannt hatte worum es ging, wollte er Resonance dann verwenden, um Antevorta zu zerstören. Das war also dann der Showdown. Roy und Bennet hatten Ed bis aufs Dach des Krankenhauses verfolgt - darin war der Computer mit der Datenbank, der durch Resonance explodieren sollte. Natürlich mit ein bisschen Kollateralschaden.
Es gab nun zwei unterschiedliche Möglichkeiten für mich, die alle - gelinde gesagt - richtig beschissen waren. Ich konnte Ed entweder so austricksen, dass er selbst durch Resonance getötet werden würde, allerdings würde die Eleven Foundation dann ihr Ziel erreichen und nicht mehr aufzuhalten sein. Ich konnte aber auch Roy dazu bringen, sich Ed anzuschließen, aber damit würde ich nicht nur Bennet verraten, sondern Annas Tod einfach hinnehmen und irgendwelche unschuldigen Leute im Krankenhaus umkommen lassen.
Ich wollte wirklich eigentlich Ed umbringen. Und ich wollte wirklich diese kack Eleven Foundation aufhalten. Aber eigentlich lieber Ed aufhalten. Und Antevorta explodieren sehen. Oder...
Okay, ich versuchte, Ed umzubringen, bekam es aber nicht hin und alles endete zwei Mal damit, dass Roy und Bennet erschossen wurden und ich alles nochmal machen musste. xD Also ließ ich es dann eben und machte Roy zum Überläufer, woraufhin Bennet sowieso starb. Nooooo!!!! D: Aber es war ja ohnehin beides absolut scheiße, also was solls. Ich fand es schon ziemlich spannend, mit so einem moralischen Dilemma zu konfrontiert werden, bei dem es eigentlich kein wirkliches "richtig" oder "falsch" gibt. Hat mir richtig gut gefallen.^^
Am Ende sah man dann noch, dass die Leute der Eleven Foundation verhaftet worden waren und Reporter Roy die ganze Story an die Presse brachte. Außerdem stellten er und Ed sich dann für die Morde, die schon geschehen waren, was ich schon ganz cool fand. Nichts davon würde aber die arme Anna und den armen Bennet wieder zurück bringen. .__.

Also ja, das Spiel war für mich überraschend und aufregend, außerdem fühlte es sich von Anfang an nicht wie jedes x-beliebige Adventure, sondern wie etwas Besonderes an. Die leicht nervige Steuerung wird in meiner Erinnerung vermutlich sehr viel schneller verblassen als die interessante Geschichte und das bittere Ende. Etwas in der Art würde ich jederzeit wieder spielen, auch wenn ich dazu dann schon auch in der Stimmung sein muss. Ich denke auf so eine Story muss man sich auch komplett einlassen können, weshalb es nun nichts für einfach nur so nebenbei ist.

2 Kommentare:

  1. Ich sollte dich vielleicht darauf hinweisen, dass die Spiele von Wadjet Eye Games nicht unbedingt von den selben Entwicklern stammen^^ So wurde die Blackwell-Reihe von Dave Gilbert ins Leben gerufen, Gemini Rue von Joshua Nuernberger und Resonance von Vince Twelve :D Dementsprechend dient Wadjet Eye Games teilweise nur als Publisher^^

    "Mit ein bisschen Aufmerksamkeit hätte man sich gleich fragen können, warum der Typ jeden Tag eine U-Bahn nimmt, die total unpraktisch für ihn ist."
    Er hätte auch einfach nur total in Anna verschossen sein können und wollte sie so oft wie möglich sehen, egal wie umständlich das für ihn eigentlich ist^^

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    1. Ich weiß, dass sie nicht von denselben Entwicklern stammen, aber ich habe für den ersten Satz heute Vormittag keine alternative Formulierung gefunden, also hab ichs halt so gelassen.
      Und wenn schon die ganze Zeit die Rede davon ist, dass man irgendwem anscheinend nicht trauen kann, ist so eine einfache Begründung etwas sehr optimistisch im Bezug auf die Ehrlichkeit von Ed.^^ Wäre es mir aufgefallen, hätte ich es gleich geahnt. xD

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