Mittwoch, 22. Oktober 2014

~Loom~


Loom ist ein Grafikadventure, das 1990 von LucasArts (damals noch Lucasfilm Games) herausgebracht wurde und sich deutlich von anderen Adventures der Zeit unterschied. Die Steuerung erfolgte nicht über Verben, wie es damals bei Vertretern des Genres üblich war, sondern bot eine völlig andere Möglichkeit mit der Umwelt zu interagieren. Außerdem konnte man nicht sterben, was ebenfalls ein bis dahin beliebtes Element in vergleichbaren Spielen gewesen war.
Heutzutage ist es nicht ganz einfach eine Version von Loom zu erhalten, vor allem wenn man das Original spielen möchte. Es gibt nämlich genau genommen drei unterschiedliche Varianten des Spiels: Die EGA-Version ist die Urfassung, die mit der veralteten Pixelgrafik einen eigenen Charme versprüht. Die FM-Towns-Version hat eine aufpolierte VGA-Grafik und unterscheidet sich sonst kaum vom Original - hier ist es wohl Geschmackssache, was einem besser gefällt. Schließlich gibt es auch noch eine CD-Rom-Version, die inzwischen auch auf Steam erhältlich, aber stark geschnitten ist. Dort wurde nämlich eine Sprachausgabe eingefügt, die qualitativ zwar überzeugen kann, aber zu viel Speicherplatz verbrauchte, um das gesamte Spiel auf einen Datenträger zu bringen. Deshalb fehlen in dieser Version ein paar Cutscenes und ich habe gehört, dass die Geschichte deshalb nicht nur weniger liebevoll wirkt, sondern auch schwieriger zu verstehen ist. Besitzt man das Spiel auf Steam, gibt es übrigens über Patches eine legale Möglichkeit, auf die FM-Towns-Version umzustellen.
Wie auch immer, ich habe die EGA-Version für Amiga von Loom gespielt, da sie meiner Meinung nach am meisten Atmosphäre erzeugt und einfach farblich viel schöner aussieht als die VGA-Version. Damals erschien das Spiel mit einem dicken Handbuch, das wunderschön gestaltet ist und einiges an Inhalt bietet. Es gibt eine ausführliche Willkommensbotschaft von den Entwicklern, die Vorgeschichte der Welt von Loom wird etwas genauer als im Spiel selbst erzählt (auch wenn man ohne Handbuch wohl trotzdem keine wirklichen Informationen verpasst), außerdem liegt das "Buch der Sprüche" bei. Loom funktioniert nämlich, wie gesagt, nicht über Worte, sondern über sogenannte Sprüche, die eigentlich eine Folge von Noten darstellen. Man hat also eine Tonleiter am unteren Rand des Bildschirmes und führt Aktionen durch kurze Melodien aus. Dabei variieren die Tonfolgen aber von Spieldurchgang zu Spieldurchgang - bis auf zwei Ausnahmen ist ein Spruch also niemals derselbe, was auf jeden Fall eine tolle Idee ist. Und weil einem allgemeine Lösungswege dabei deshalb nicht helfen können, gibt es eben das Buch der Sprüche, damit man beim Spielen fleißig mitschreiben kann. Sehr schön dabei ist auch, dass bei jedem eine kleine geschichtliche Information hinzugefügt wurde.
Hierbei wird aber auch klar, dass Loom nicht alles ausschöpft, was dort geschrieben steht: Ursprünglich war eine Trilogie geplant, in der weitere Melodien und anscheinend auch Gilden zum Tragen gekommen wären, aber leider wurden Teil 2 und Teil 3 nie fertiggestellt. Es gibt allerdings Fanprojekte, die sich sehr nahe an die Vorstellungen vom Entwickler halten sollen und ich werde definitiv mal in diese reinschauen.

Nun aber genug geschwafelt, es wird Zeit aufzuzählen, was Loom zu so einem besonderen Spielerlebnis macht, dass es heute noch oft als bestes Adventure der damaligen Zeit gehandhabt wird. Neben der ausgefallenen Steuerung, die mich sehr an "Finding Teddy" erinnert hat (Loom könnte definitiv eine Inspiration für das Spiel gewesen sein), sind es vor allem die Welt und die magische Geschichte, die präsentiert werden.
Grundsätzlich herrscht in der Welt gerade das "Zeitalter der Gilden", wo sich eben solche Gruppierungen überall niedergelassen haben und ihre eigenen Künste ausführen. Eine davon ist die Gilde der Weber, deren Mitglieder einen magischen Webstuhlt verehren und mit einem Stab Zaubersprüche "weben" können - eben die Sache mit den Melodien. Bobbin Threadbare ist ein junger Weber, der von den Ältesten nicht unbedingt geliebt wird. Er ist der Sohn einer gewissen Cygna, die vor Jahren verbannt wurde, weil sie vom Webstuhl ein Kind bekommen hatte. Die Ältesten sehen dieses Kind, also Bobbin, deshalb als Gefahr an und nur eine Alte namens Hetchel beschützt ihn und erkennt, dass er etwas Besonderes ist. Jedenfalls wollen die Ältesten Bobbin trotz ihren Einwänden gerade verbannen, als ein Schwan erscheint und alle von ihnen in Schwäne verwandelt - mit dem stärksten Zauber der Weber, der sonst eigentlich als Strafe dient - wie cool und kreativ ist das denn bitte? Die Höchststrafe ist, jemanden in einen Schwan zu verwandeln (auch wenn die Form manchmal variiert, sogar von Webern, die zu Sonnenpunkten wurden, berichtet man)! Hetchel, die ein Babyschwan wird und als einzige noch sprechen kann - bestimmt weil es der Webstuhl so wollte - , weist Bobbin dann jedenfalls an, den Stab des Ältesten zu nehmen und den "Schwarm", also die restlichen Weber, wieder zu finden. Und dann beginnt eine Reise, die zwar nur an die drei Stunden lang dauert, aber sich wirklich anfühlt als würde man ein großes Abenteuer bestehen.
Man kommt in die grüne Gilde der Glasmacher, lernt die Schäfer kennen, wird von einem Drachen in eine Höhle verschleppt, von Schmieden eingesperrt, von den bösen Klerikern mitgenommen und landet schließlich sogar im Jenseits. Natürlich geht es irgendwann auch nicht nur mehr darum, die Schwäne zu finden, sondern den "dritten Schatten", eine Kreatur namens Chaos, zu besiegen, der durch die zerrissenen Grenze zwischen Jenseits und Diesseits kommt und alles Leben zerstören will.
Die Geschichte ist auf jeden Fall sehr kreativ und fühlt sich wirklich liebevoll gestaltet an. Sie zeichnet sich auch durch subtilen Humor aus, der eine Leichtigkeit in das eigentlich übergeordnete, recht tragische Thema bringt. Das Ende hat auf jeden Fall einen traurigen Unterton und man merkt ihm leider auch ein bisschen an, dass es noch Fortsetzungen geben hätte sollen. Zwar wird die vorherrschende Geschichte einigermaßen abgeschlossen, aber unterschwellige Fragen bleiben trotzdem noch bestehen.

Das Gameplay unterstützt die Story eigentlich perfekt. Bobbin kann Anfangs nur vier Noten und lernt im Laufe des Abenteuers immer mehr dazu. Sobald er ein Objekt in Augenschein nimmt (also sobald man es mit der Maus angewählt hat), kann man nach Belieben Töne spielen und bekommt auch Rückmeldung, ob es funktioniert, die Idee zumindest ansatzweise stimmt oder man völligen Bullshit versucht.^^ Es gibt viele unterschiedliche Sprüche, die sich nicht nur auf total offensichtliche Tätigkeiten beziehen, sondern recht ungewöhnlich wirken und sich auch "umkehren" lassen. Zum Beispiel kann man Stroh zu Gold spinnen, was überraschenderweise öfter zum Einsatz kommt als man denken würde, und auch Gold wieder zu Stroh umwandeln. Oder man kann etwas drehen oder eben entdrehen - so kommt man beispielsweise an einem Tornado vorbei. Es gibt auch ein paar Dinge, die man für den erfolgreichen Spielverlauf nicht braucht, wie den "schärfen"-Spruch. Diesen kann man zwar schon auch für die Hauptstory verwenden, muss man aber nicht, weil es auch andere Lösungsmöglichkeiten gibt. Mir gefiel auch, dass manchmal auch Dinge herumstehen, die man verzaubern kann, weil man es eben kann, aber nicht weil man es brauchen würde. So habe ich alle Wandteppiche bei den Webern grün gefärbt, obwohl das absolut nichts gebracht hat, sondern einfach nur witzig für mich war. :D
Es gibt also mehr Möglichkeiten als man auf den ersten Blick vielleicht vermuten würde und dies hilft auch ungemein, sich in der Welt von Loom wohl zu fühlen.
Das einzige, was ich ein bisschen schade fand, war die oftmalige Stille. Wenn man an einen neuen Ort kam wurde meist ein Soundtrack eingespielt, aber große Teile des Abenteuers verbringt man in der EGA-Version ohne Ton. Natürlich macht das Sinn, wenn man mit einer Tonleiter arbeiten muss, aber manchmal hat mir schon etwas stimmige Musik gefehlt. Das, was aber da war, war immer sehr passend und atmosphärisch.

Alles in Allem war Loom jedenfalls ein sehr zauberhaftes Erlebnis für mich und ich verstehe vollkommen, dass es bei vielen Spielern hoch in der Gunst steht. Es ist auf jeden Fall ein ganz eigenes Erlebnis und hebt sich von anderen Titeln ab - die gelungene Mischung aus einzigartigem Stil, kreativem Gameplay, detailreicher Welt und liebevoller Präsentation macht Loom zu einem ganz besonderem Spiel. Ich würde es jedem, der kein Problem mit alter Pixelgrafik und dafür eine Vorliebe für schöne Geschichten hat, ans Herz legen. Und weil meine Worte dem allem gar nicht gerecht werden können, gibt es zum Abschluss noch eine Bilderstrecke (voller Spoiler), um zumindest ansatzweise aufzuzeigen, wie schön die Reise mit Bobbin Threadbare ist.

5 Kommentare:

  1. Klingt ja an sich ganz nett, aber mich hat das mit den Tönen ja damals abgeschreckt als ich es mir mal anschauen wollte. Keine Ahnung ob ich das nochmal versuchen würde :D

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    1. Ich steh auf sowas halt, deshalb kann ich dir da keinen wirklich objektiven Motivationsschub geben. :D Mir kam das jedenfalls nie umständlich vor, sondern ich hatte Spaß beim Ausprobieren.
      Für die Amiga-Version braucht man übrigens unbedingt das Handbuch, sonst kann man gar nicht erst richtig anfangen. Falls du also die irgendwann doch noch versuchen willst, kannst du's von mir haben. Oder du nimmst einfach die lahme VGA-Version. ;P

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    2. Da ich die VGA-Version wesentlich besser finde würde ich die Amiga-Fassung gar nicht in Betracht ziehen ;P Das Selbe trifft auf alle Adventures dieser Zeit zu, auch wenns da noch einige gibt die ich nie beendet oder gar angefangen habe. Und die VGA-Version scheint ja auch nicht ganz so still zu sein^^

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    3. Aberaberaber, der einzigartige Charme! D:
      So weit ich weiß hat die VGA-Version ohne Dialog-Vertonung genau dieselbe Musik an denselben Stellen. Und wenn du die mit Sprachausgabe spielen willst, fehlen dir halt ein paar Szenen. ;P

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    4. Scheiß auf Charme! xD An einer Stelle wurde aber scheinbar Blut entfernt und es fehlt ne Overtüre. Aber damit kann ich leben :D Und die Musik soll halt loopen. Bei dir klingts ja so als kommt die Musik nur einmal und dann ist Schluss.

      Und so blöd die zerstückelte Fassung zu spielen bin ich jetzt nicht xD

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